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Kultur Genre-Wandel

Den Tod von "Fix & Foxi" muss keiner betrauern

Quelle: DPA
Am Ende der roten Füchse sollen vor allem das Internet und Videospiele schuld sein. Doch als Erklärung für das Aus von "Fix & Foxi" reicht das bei weitem nicht. Vielmehr steht ihr Scheitern beispielhaft für den Untergang des altbackenen deutschen Jugend-Cartoons, dessen Platz längst Mangas eingenommen haben.

Ein kleiner "Fix & Foxi"-Comic steht noch online, auf der Seite des offiziellen Fanclubs. Da reisen die beiden knallroten Füchse nach China, sie begleiten den Erfinder Knox. Das Trio wird von dicken, gelben Brutalos empfangen und landet erst einmal in Gefangenschaft.

Dort gibt es, oh Kulturschock, Essen mit Stäbchen ("Strohhalme ohne Loch, versteh das einer!"). Zwischendurch werden dumme Gags über eine Bestrafung namens "chinesische Schlittenfahrt" (bekanntlich eigentlich eine seltene Sexualpraktik) untergebracht und etwas Werbung für ein militärisches Gleichgewicht der Bomben ("Keiner traut sich anzugreifen!").

Am Ende staunen die dummen Chinesen so sehr über ein Feuerwerk, das Knox abfackelt, dass sie die Gäste reich beschenken und sofort freilassen. Diese etwas krude Story wird auf lange Zeit das einzige sein, was die letzten Fans lesen können - am Kiosk gibt es "Fix & Foxi" nicht mehr. Der Verlag Tigerpress, bei dem das Heft zuletzt erschien, hat, wie berichtet, Insolvenz angemeldet. "Fix & Foxi", "Lupo" und das gerade erst gegründete Pferdemagazin "Conny" sind damit am Ende. Der Verleger Jan Wickmann hatte die Lizenz erst 2005 von der Witwe des Erfinders Rudolf Kauka erworben.

Wie üblich in solchen Fällen wird nun beschwichtigt: Es gebe "andere Bewerber", verkündet die Kauka-Website, und, verräterisch: Man werde keine "vorschnellen Entschlüsse fassen". Die Wahrheit ist wohl eher: Die Zeit der Kindercomics dieses Stils ist vorbei.

Denn der lange Todeskampf von Fix & Foxi ist ein Zeichen für einen Umbruch in der Lesekultur, der sich schon lange angekündigt hat. Das Heft um die beiden frühpubertären Füchse lief eigentlich nur in den Sechzigern und Siebziger wirklich gut - damals verkaufte es teils wöchentlich 400.000 Exemplare. Zuletzt wurden 18.000 gedruckt und längst nicht komplett abgesetzt.

Verleger Jan Wickmann sucht den Sündenbock nun in "Internet und Videospielen", die den Alltag junger Menschen dominieren - auch die ersten hilflosen Erklärversuche der Journalistenkollegen stoßen ins gleiche, zurzeit ja stets bereitliegende Horn.

Etwas genauer darf man aber doch einmal hinsehen, was die Zielgruppe zum Beispiel im Bus so tut: Zwar spielen viele Kinder Videospiele auf ihrem Nintendo DS, das ersetzt aber nicht das Bedürfnis nach Heften. Es wird heute von Mangas gestillt - und die verkaufen sich zu Hunderttausenden.

Mit Mangas werden in Deutschland mehr als 55 Millionen Euro jährlich umgesetzt. Der Carlsen-Verlag, der 50 Prozent dieses Markts beherrscht, hat zurzeit 1100 Titel im Programm, 250 davon sind Novitäten. Es wäre ein schlechter Witz, zu behaupten, Jugendliche würden keine Comics mehr lesen. In Wirklichkeit erleben wir zurzeit einfach nur den Tod des altbackenen westdeutschen Comics. "Yps" war vorangegangen, dessen Wiederbelebung 2007 scheiterte. An die Comics um "Yinni und Yan" erinnert sich heute schon niemand mehr.

Vorher waren auf demselben Abfallhaufen der Geschichte etwa der Superheld "Wastl" gelandet sowie die Hunde-Western "Bessy" – letztere zwar von einem Belgier erfunden, im Nachkriegsdeutschland aber hochpopulär. Auch sie waren blasse Plagiate der großen Vorbilder aus Amerika oder Frankreich – genau wie "Fix & Foxi" und "Lupo".

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Dass deren Zeit gekommen ist, wissen Kenner der Szene längst. Bei jeder Comicmesse treffen sich ja selbst an den traurig verödeten Donald-Ständen nur intellektuelle bärtige Altfans, während die echten Kinder bis 17 schreiend zum Manga strömen. Selbst wer bei der Japan-Begeisterung nicht mitmacht, interessiert sich eher für die "Transformers" als für die erhobenen Zeigefinger der Kauka-Comics.

Nun werden, wenn das böse Internet als Grund herhalten muss, die Kinder auch unterschätzt. Das von den eifrigen roten Füchsen sowie ihrem eher faulen Bekannten Lupo bewohnte Fuxholzen war immer nur eine dreiste Kopie von Entenhausen, die zudem noch einen pädagogischen Auftrag schultern musste. Zu den Höhepunkten deutscher Comic-Kunst gehörte es nie.

Einen Niedergang derselben erleben wir jetzt auch keineswegs - im Gegenteil. Offenbar zeigt sich nun aber die Kehrseite der Medaille namens "Comics sind mehr als Kinderkram". Denn der Comic für Erwachsene boomt.

Seit der iranischen Biografie "Persepolis" oder dem lesbischen Coming-Out "Fun Home" hat er seinen Platz bei großen Verlagen. In Deutschland werden so viele hervorragende "Graphic Novels" verlegt wie nie, von Uli Oesterle über Reinhard Kleist bis Isabel Kreitz gibt es fantastische Zeichner im Land.

Während der erwachsene Comicfan also paradiesische Zeiten erlebt - und seinerseits nicht mehr zu Fix oder Foxi greifen muss - befindet sich der etablierte Kinder-Comic im Abstieg. In den USA sind gerade die Disney-Comics eingestellt worden - von Donald Duck wollte schlicht niemand mehr lesen.

Zwar hat das deutsche Mickey-Maus-Heft eine Auflage von einer Viertelmillion. Doch damit ist es die letzte Bastion des alten Jugendcomics, und die Druckzahlen waren noch in den Neunzigern viermal so hoch.

Wenn jetzt die Deutsch-Comics der Sechzigerjahre verschwinden, trifft es nur die schwächste Phase dieser Kunst. Älteres wird zu Recht wieder beachtet: Hansrudi Wäscher etwa, der in den Fünfzigern Sigurd, Akim und Tibor erfand.

Zwei der avanciertesten Zeichner entdecken lieber die ganz alten Vorläufer deutscher Cartoons neu: Fil und Atak bringen demnächst ihren eigenen "Struwwelpeter" heraus. Getragen wird der von feiner Ironie, die den Adenauer-Adepten "Fix & Foxi" immer fremd war.

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